Die älteste Kinderspitex der Schweiz, eröffnete in Aarau neue Büroräumlichkeiten. Manuela Graweid, Regionalleitung Region Aargau/Zentralschweiz, gibt Einblick in ihre tägliche Arbeit für das Einzugsgebiet Region Aargau, Luzern, Ob- und Nidwalden sowie Uri. Die Bevölkerung ist eingeladen sich am 7. September, von 11 bis 15 Uhr am neuen Standort hinter dem Bahnhof Aarau ein Bild über das grosse Engagement der Stiftung Joël Kinderspitex zu machen.
Wie lange gibt es den Standort Aarau schon und wieso gerade Aarau?
Manuela Graweid: Wir haben die Büroräumlichkeiten per 1. Juli 2024 bezogen. Der Standort in Aarau deckt praktisch alle unsere Kriterien ab. So befinden wir uns in der Nähe eines Autobahnanschlusses, Parkplätze sind rund ums Haus vorhanden. Sie sind mit dem Standort hinter dem Bahnhof gut mit dem ÖV erschlossen und liegen als Ausgangspunkt geographisch hervorragend in der Region. Die Räumlichkeiten sind ideal und zweckmässig und für unsere Klienten barrierefrei. Für uns ist dies definitiv ein Glücksgriff.
Was sind Ihre Dienstleistungen?
Wenn ein Kind krank oder beeinträchtigt ist, leidet die ganze Familie. Kinder, die besondere Pflege brauchen, stellen Eltern, Geschwister und das Umfeld vor hohe physische und psychische Herausforderungen. Durch die Pflege der Kinderspitex zu Hause steigt die Lebensqualität der betroffenen Kinder und zugleich werden die Eltern, Geschwister und Angehörigen unterstützt und entlastet.
Die Joël Kinderspitex verfügt über langjährige Erfahrung in der Pflege. Für jedes Kind wird ein Pflegeteam mit einer Leitung zusammengestellt. Dies schafft Kontinuität, Vertrauen und fördert eine nachhaltige Verbesserung der jeweiligen Situation. Die Teams werden durch Fachgruppen und somit vertieftem Fachwissen wie beispielsweise in den Bereichen Palliative Care, familienzentrierte und psychopädiatrische Pflege unterstützt. Wir pflegen mit Kompetenz, Qualität und Herz und stehen für eine schnelle und individuelle Beratung und sofortige Unterstützung der Familien ein.
Zusätzliche Leistungen und Projekte wie beispielsweise Betreuung, Entlastung, Spital- und Trauerbegleitung und die WG Kunterbunt, ein Wochenend-Entlastungsangebot, werden über Spendengelder finanziert.
Haben Sie in Aarau spezielle Angebote?
Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass die Bedürfnisse unserer Klienten in allen Einsatzgebieten, also in der ganzen Deutschschweiz, in Teilen der Romandie sowie im Fürstentum Liechtenstein, sehr ähnlich sind. So ist die Philosophie der Stiftung, dass, wenn immer möglich, alle Angebote in allen Regionen angeboten werden. So haben alle Klienten die Möglichkeit, unabhängig deren Wohnort, von allen unseren Angeboten zu profitieren.
Wie gross ist Ihr Einzugsgebiet?
Im Regionalbüro in Aarau planen und definieren wir alle Einsätze in der Region Aargau und Zentralschweiz. Wir sind in den Kantonen Aargau, Luzern, Ob- und Nidwalden sowie Uri tätig.
Was ist Ihnen bei der Pflege der Kinder wichtig?
Sehr wichtig sind uns unbürokratische und schnelle Einsätze. Wir sind überzeugt, dass das Bezugspflegesystem mit einer hohen Pflegequalität durch genügend qualifiziertes und motiviertes Pflegepersonal auf Tertiärstufe für alle Beteiligten sehr wertvoll ist. So legen wir sehr viel Wert auf die Zufriedenheit der Mitarbeitenden. Und natürlich streben wir eine hohe Kundenzufriedenheit an – denn ein Kinderlachen erwärmt trotz aller beruflicher Professionalität noch immer unsere Herzen.
Was sind die grössten Herausforderungen bei der Pflege respektive in der Familie?
Im Moment ist sicherlich eine der grössten Herausforderungen, genügend Fachpersonal für die steigenden Anfragen zu rekrutieren. So sind Bewerbungen immer herzlich willkommen – die offenen Stellen sind auf www.joel-kinderspitex.ch ausgeschrieben. Eine grosse Herausforderung ist ebenso die Ohnmacht in den Familien zu ertragen. Familien mit kranken oder beeinträchtigten Kindern laufen oftmals total am Anschlag und bräuchten viel mehr Hilfestellungen als das, was wir bieten können, oder anders gesagt, als das, was von den Kostenträgern wie Krankenkassen oder IV finanziert wird. Wir sind froh, haben wir die Möglichkeiten, fehlende dringend benötigte Pflegestunden via Spendengelder vor oder vorübergehend zu finanzieren, um so den Familien die nötige Hilfe zu ermöglichen.
Wie sieht die Pflege der betroffenen Kinder aus?
Sehr individuell. Jedes Kind erhält eine detaillierte Bedarfsabklärung. Daraus resultiert eine individuelle Pflegeplanung, welche mit den Kindeseltern, dem Pflegeteam und allenfalls mit Kinderärzten und Therapeuten besprochen wird. Folglich leiten wir die entsprechenden Pflegemassnahmen ab und setzen diese vor Ort beim Kind um. Die Pflegemassnahmen werden regelmässig evaluiert und angepasst.
Welche Krankheiten haben die betroffenen Kinder?
Adäquate medizinisch therapeutische Pflege erfolgt bei Kindern mit Erkrankungen oder Missbildungen der Atemwege und des Herzens, einem Gendefekt, Stoffwechsel- und Muskelerkrankungen wie zum Beispiel Morbus Duchenne, Krebs, Frühgeburtlichkeit oder neurologischen, immunologischen und hämatologischen Erkrankungen. Zudem pflegen und unterstützen wir auch bei psychopädiatrischen Erkrankungen bei Diagnosen wie Autismus, ADHS, Depressionen oder Bulimie. So sind die bei uns anzutreffenden Diagnosen von Krankheiten und Missbildungen sehr vielfältig.
Haben Sie tendenziell mehr Patientinnen und Patienten?
Die Zahl der durch die Stiftung Joël Kinderspitex betreuten Kinder und Familien hat sich in den letzten Jahren verdoppelt.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft für die Regionalstelle Aarau?
Vorweg wünsche ich mir genügend, grossartiges und qualifiziertes Personal in einem hochmotivierten Team. Das führt dann meist unweigerlich auch zu zufriedenen Klienten und deren Familien. Der Bekanntheitsgrad unserer Stiftung dürfte sich auch erhöhen, so könnten wir noch viele weitere Familien ansprechen, die auf unsere Hilfe angewiesen sind, unsere vielseitigen Angebote aber nicht kennen. Uns allen wünsche ich weiterhin viel Freude und Elan in unserem täglichen Tun.
Interview: Corinne Remund